Wie passen
die 10 Regeln der DGE
zum Intuitiven Essen
Eine Einordnung
Die 10 Regeln der Deutschen Gesellschaft für Ernährung werden formuliert, um einfach verständliche Standards zu einer gesunden Ernährungsweise für die Allgemeinheit auszudrücken. Die meisten dieser Formulierungen sind auch im Sinne des Intuitiven Essens sinnvoll.
Allerdings gibt es einige Aspekte, die ich sowohl im Rahmen des Intuitiven Essens und noch viel mehr im Sinne von Health at Every Size zu kritisieren sind:
1. Eine Regel ist eine Vorschrift für ein Verhalten, die für einen Bereich als verbindlich gilt. Diese Formulierung lässt keinen Spielraum, keine individuelle Flexibilität im Umgang mit den Empfehlungen. Dies kann sehr leicht Druck auslösen und zu Widerstand führen und somit kontraproduktiv sein, zu dem was die DGE eigentlich bezwecken möchte. Sprache ist mächtig! Daher wären Formulierungen, wie Empfehlungen, Prinzipien, Ideen, Vorschläge aus meiner Sicht passender, da sie Freiraum für individuelle Interpretation lassen und damit die Compliance, also die Bereitschaft mitzumachen, eher gegeben ist.
2. Diese Regeln basieren auf epidemiologischen Beobachtungsstudien und können daher per se keine starke Evidenz ausdrücken. Das heißt, weil die Art Ernährungsstudien durchzuführen nicht besonders belastbar ist (die Menschen, die daran teilnehmen, berichten meist aus Erinnerungen) und selten alle Co-Faktoren herausgerechnet werden (können) (z.B. Bewegungsverhalten, sozioökonomischer Status) sind die Ergebnisse nicht besonders zuverlässig. Auf Basis dieser schwachen Datenlage werden, dafür teilweise aber zu konkrete Angaben gemacht zum Beispiel bei den Mengenangaben zum Gemüse -und Obstverzehr. Zudem werden zum Teil veraltete Daten zu Grunde gelegt.
3. Die Regeln legen ein extrem starkes Augenmerk auf das Körpergewicht. In fast jeder Regel finden sich Formulierungen wie „unnötige Kalorien“, „höheres Körpergewicht vermeiden“ „Fetteinsparen“. Dies impliziert, dass Mehrgewicht an sich schlecht ist und krank macht, was schlichtweg falsch ist. Die Regeln sind ganz klar gewichtszentriert statt verhaltens- und gesundheitsorientiert. Dadurch wird nicht nur Stigmatisierung von Mehrgewicht gefördert, sondern auch aktiv Food-Shaming und Moralisierung von Essen betrieben. Dies wiederum führt nachweislich zu mehr gestörtem Essverhalten statt zu gesundem.
4. Individuelle Bedürfnisse werden nicht angesprochen. Allgemeine Regeln können individuelle Bedürfnisse nicht berücksichtigen. Die Regeln mögen für eine Vielzahl von Menschen unproblematisch sein, auf der anderen Seite sind sie aber wiederum für eine Vielzahl schon problematisch. Zum Beispiel wenn es um die sehr genauen Mengenangaben zu Ballaststoffen geht, die Gemüse- und Obstmengen, die in diesen geforderten Mengen aus diversen Gründen für viele Menschen nicht verträglich sind. Auch dieses würde, wie in Nr. 1 erwähnt, entschärft werden durch eine passendere Wortwahl. Noch besser würde mir eine 11 „Regel“ gefallen: Bei allem, was wir empfehlen, finden Sie heraus, was Ihnen wirklich guttut!
Nochmals: im Groben und Ganzen, sind die Ansätze empfehlenswert, weniger jedoch als starres Regelwerk, dafür mehr als Inspiration und Ideensammlung die eigene Ernährung auf Ausgewogenheit und Vielfalt hin zu überprüfen und gegebenenfalls zu ergänzen. Also lies sie dir gerne durch, wenn Du Orientierung brauchst, aber finde unbedingt für Dich raus, wo es Anpassungen braucht.
Gerne helfe ich dir auch für dich passende Essens-Lösungen zu finden!
Diese Einordung ist inspiriert durch den Podcast „Iss doch was Du willst“ von Dr. Antonie Post. Für mehr Details zu den einzelnen Regeln hör gerne in die Folgen Ernährungsregeln im Check (Teil 1 & 2) rein